Montag, 25. Juni 2012

34. Fidelitas Nachtlauf Karlsruhe

Fidelitas Nachtlauf, 80k, 9:05:15 = 6,48 Min / Km
11. M 30 von 15, 47. M von 107, Gesamt 55. von 131



Seit Wochen Regen in NRW, von Sommer keine Spur... Da kommt man dann nach Karlsruhe zum Nachtlauf und es sind fast 30 Grad am Start bei strahlendem Sonnenschein!
Was für Bedingungen, den bis jetzt längsten Lauf meines Lebens zu absolvieren. Ich habe alles dabei: Rucksack mit Jacke und Warnweste, Stirnlampe und Traubenzucker. Nur die Trinkblase habe ich zu Hause gelassen, brauche ich nicht, hatte ich mir gesagt. Alle 5 km ein Verpflegungsstand, das reicht schon. Ja stimmt. Aber nur knapp. Ein Liter Wasser in Reserve wäre nicht verkehrt gewesen. Und auf das Kilo extra auf dem Rücken wäre es auch nicht mehr angekommen.
Also stehe ich um 17 Uhr auf einem Sportplatz irgendwo in Karlsruhe am Start, was mich erwartet weiß ich nicht so wirklich. Das Höhenprofil sieht erstmal ganz moderat aus, die ersten 20 sind flach, dann gibts 30 km ein auf und ab, bevor es ab Km 55 nur noch bergab gehen soll. Und 80 km sind eben nochmal 13 mehr als beim Hollenlauf dieses Jahr. Und da war noch Luft.
Dann gings also los, erstmal 5 km schattig durch den Wald, dann durch städtisches Gebiet, vorbei am Bahnhof Durlach. Ganz schön mutig vom Veranstalter denke ich mir hier. Keine Helfer an den Starßenecken und überall Einfahrten zu den Supermärkten. Aber das ist hier ja auch kein 10km Rennen, jeder Läufer achtet selbst auf den Verkehr. Muss man im Training schließlich auch. Dann gehts langsam raus aufs Land. Aber erst noch durchs Industriegebiet entlang der Autobahn und ein paar mal über die A5 rüber. Irgendwie ein ziemlicher Zick-Zack-Kurs, den wir da laufen. Wohl um die 80 vollzukriegen. Und schon sind die ersten 10 km geschafft, nach etwas mehr als einer Stunde. Ziemlich flott, aber es ist auch alles flach. Jetzt gehts über die Felder und über einen Bahnübergang. Kurz vor und nach mir kommt jeweils ein Zug, ich komme ohne Wartezeit rüber. Dann haben auch die Staffelläufer ihre Wechselstelle erreicht. Wie das so ist, kaum ist man fertig, setzt man sich ins Auto und fährt los. Dass andere weiterlaufen, darauf wird keine Rücksicht mehr genommen. Zum Glück gehts jetzt in den Wald und gleichzeitig in den ersten richtigen Anstieg, einen wunderschönen alten Hohlweg. Rückblickend muss man wohl sagen, dass hier schon der einzig schwere Anstieg kam. Ich bin locker hochgelaufen, durfte mir dann oben aber von einer Staffelläuferin sagen lassen, dass daür, dass ich durchlaufen wolle, ich viel zu schnell laufe. Ich denk mir, das ist vielleicht deine Meinung...
So richtig im Wald sind wir aber immer noch nicht, dafür gehts jetzt mitten durch herrliche Felder. Hier blühen die Kornblumen im Raps. Die ganzen gerade erst gewonnenen Höhenmeter gehts dann aber auch schon wieder runter und wir kommen in eine kleine Ortschaft. Am Ortseingang erwartet uns ein Zuschauer mit E-Gitarre. Und es ist immer noch warm, 27 Grad zeigt das Thermometer der Sparkasse an. Irgendwo hier müssen auch die ersten 20 km geschafft sein, für die ich 2:03 h gebraucht habe. Am Ende der Ortschaft laufen wir wieder ein Stück hoch und es geht dann wieder in den Wald. Diesmal ein bischen länger und diesmal wirds auch welliger. Plötzlich gehts mir nicht mehr so gut, das Laufen wird schwerer, und das, wo noch mehr als 50 km bevorstehen. Ich bin wohl doch zu schnell angegangen bei der Hitze. Mein Shirt hat schon weiße Salzränder und ich kann gar nicht so viel trinken, wie ich ausschwitze. Ok, das ist jetzt eine kleine Krise sage ich mir, sowas passiert und wird auch wieder vorübergehen. Aber es ist erstmal schwer. Ich zuckel weiter vor mich hin Richtung Singen, vorbei an einem Bürkleskreuz. Erschlagen fühl ich mich zwar gerade auch, aber ganz so schlimm ist es doch nicht.
30 km sind nach 3:08 Stunden vorbei. So viel langsamer werde ich gar nicht. Die Straße führt dann bergab rein in den Ort Singen. Die Unterführung hätte ich fast verpasst, gut, dass andere Läufer auf mich aufpassen. An der folgenden Verpflegung nehm ich mir Zeit und esse Rosinenkuchen und Salzstangen, dazu Cola. Tolle Mischung! Weiter gehts erstmal wieder leicht ansteigend auf einem geteerten Waldweg. Der Kuchen war gut, die Salzstangen auch. Langsam wirds wieder besser. Schon nach knapp 3 km gibts im nächsten Ort die nächste Verpfegung, diesmal ist auch Tee im Angebot. Ich nehme zwei Becher. Noch zwei Kilometer, dann nur noch einen Marathon sage ich mir und laufe weiter. Ich fühle mich immer besser, die Krise ist überwunden und die 40 km nach 4:15 h erreicht. Dann in der nächsten Ortschaft haben wir schon die Marathondistanz geschafft (4:30h). Hier nehme ich nochmal vom Kuchen und ein paar Salzstangen mit Cola und bin wieder voll da. Am Ende des Ortes gehts nochmal einen langgezogenen Anstieg die Straße hoch. Ich laufe auf dem Gehsteig, ein Läufer neben mir am Fahrbahnrand. Als uns zwei Autos entgegenkommen, fährt der erste mit Abstand an uns vorbei, die zweite fährt den Läufer fast um, da fehlte nicht viel. Sie hat ihn wohl nicht einmal gesehen, so war sie mit ihrem Handy beschäftigt. Oben am Berg steigt ne Riesenparty, wir werden noch oft mit Partylärm von Sonnenwendfeiern beschallt werden. So was kennen wir (Ost-)Westfalen ja gar nicht.
Es wird dämmrig und ein hiesiger Läufer schließt zu mir auf. Er erklärt mir genau den weiteren Verlauf (auf hochdeutsch), denn er kennt sich hier aus, war schon acht mal dabei.
Wir sind nun richtig im Nordschwarzwald, das schlimmste Stück liegt wohl hinter uns, vor uns nur noch Sahnestücke. Die nächste Verpflegung erreichen wir schon im Halbdunkeln. Ich überlege kurz die Lampe rauszuholen, lass sie dann aber noch drin. Das Restlicht reicht erstmal noch. Mitten im Wald plötzlich ein unbeschrankter Bahnübergang, kaum bin ich drüber, höre ich schon den Zug pfeifen. Als ich aus dem Wald rauskomme, drehe ich mich um und sehe noch den letzten blutroten Streifen, den die Sonne am Horizont abbildet. Über die freie Fläche dröhnt der Lärm der nächsten Party. Schöne Stimmung. Im nächsten Ort sollte ich meine Warnweste rausholen, aber erstmal gehts eine steile Straße runter. War jetzt hier eigentlich ein Pfeil? Ich bleibe stehen, will nicht alles wieder hochlaufen müssen, aber ein anderer Läufer kann mich beruhigen. 50 km in 5:24 h. Ab und zu stehen Leute vor den Häusern, auch jetzt noch, und bieten Wasser an. Jetzt brauche ich aber keins mehr. Dafür nutze ich den nächsten Anstieg, um meine Lampe und die Weste aus dem Rucksack zu holen. Ab jetzt gehts mit der Funzel auf der Birne weiter. Es ist nun richtig dunkel. Die Strecke führt weiter nach Karlsbad, mitten durch Obstbaumwiesen. Jetzt alleine zu laufen ist irgendwie anders als bei Tag. Ich passe tierisch darauf aus, keinen Pfeil zu übersehen, denn ich bin mittlerweile oft alleine unterwegs.
In Karlsbad gibts noch einmal eine größere Verpflegung, dann aber gehts tief in den dunklen Wald. Jetzt gilt es erst recht, sich nur nicht zu verlaufen. Hier führt die Strecke sogar über Wurzeltrails, das hatten wir bis dahin ja noch gar nicht. Es macht Spaß zu laufen. Im Winter laufe ich zwar auch öfter durch den dunklen Wald, aber dann kenn ich mich aus. Hier habe ich keine Ahnung wo ich bin. Und vor mir ist niemand zu sehen, hinter mir auch nicht. Schon gefühlte 5 km war kein Pfeil mehr auf dem Boden und kein Flatterband am Baum. Da kann man schon mal etwas nervös werden, aber dann kommt endlich der erlösende Pfeil. Kurz vor Km 60 wieder eine Ortschaft. Die Bürgersteige sind hochgeklappt, es ist ja auch nach halb 12 mittlerweile. Von nun an gehts an einem kleinen Fluß (Alb) auf einem geschotterten Waldweg entlang. Von hinten kommen drei Läufer mit Fahrradbegleitung, laufen an mir vorbei, ich kann nicht mithalten. Dafür stoße ich mit meinem Fuß gegen einen Ast am Boden, durch meinen Zehnagel jagd der Schmerz. Der Zehnagel ist ab, denke ich, laufe trotz Schmerz normal weiter. An der nächsten Verpfegung kann ich zu den anderen wieder aufschließen. Der Typ vom DRK sagt, hier ist km 64. Ich hab erst 62,7 auf der Uhr. Mach jetzt kein Quatsch sage ich. Die Läuferin, die vor mir ankommt, will die 64 gerne glauben, ich glaube lieber an die 62,7 (die wohl passten). Das Laufen wird recht eintönig, immer geradeaus am Fluss entlang auf dem Schotterweg im Wald. Irgendwann bei Km 70 gehts in einen größeren Ort, Ettlingen. Ich bin müde, könnte schlafen. Aber meine Füße (denn bei den Schwaben geht der Fuß bis zur Hüfte) laufen weiter, quer durch die Stadt. Als ich an einer Kreuzung geradeaus laufe, ruft mich ein anderer Läufer zurück, der gerade aufgeschlossen hatte. Für die letzten 8 km wird er 5 Minuten weniger brauchen als ich... Ich wäre jetzt gerne schon im Ziel, aber noch muss ich weiter auf dem Radweg entlang der Bundesstraße. Das Fernlicht der Autos blendet.Ich warte immer nur auf das Piepsen der Uhr, wenn wieder ein Kilometer geschafft ist. Das Piepsen lässt immer länger auf sich warten. Dann führt die Strecke wieder in den Karlsruher Stadtwald. Kilometer 75 habe ich nach 8:30 h erreicht. Es geht noch einmal über die Autobahn zur letzten Verpflegung. Ich trinke noch zwei Becher Cola, laufe an der nächsten Party vorbei und bin wieder allein im Wald. Jetzt macht der Akku der Garmin schlapp. Hat länger gehalten, als ich dachte. Aber auch hier ist es jetzt nur dunkel und eintönig. Die letzten Kilometer ziehen sich elend lang. Dann überholen mich kurz vor dem Ziel noch zwei, aber das ist mir sowieso egal. Ich sehe das Zielgebiet, es geht noch einmal am Sportplatz längs und dann endlich in die Anlage rein. Über den Rasen laufe ich ins Ziel und bin um 2:05 Uhr endlich da.
Viel los ist um diese Zeit nicht mehr, deswegen gehe ich direkt duschen. Dort dann der letzte Knaller: Heute nur noch kalte Duschen! Das geht gar nicht, lieber Veranstalter! Aber es half nichts, ich musste duschen. Und trotzdem: Eine Wiederholung schließe ich nicht aus.




Am Start


Urban Jungle

Neben der A5

Über die A5

Durch die Felder






Hohlweg



Im Wald



Durchs Feld


Kornblumen


27 ° C


Welliges Gelände

Nordschwarzwald

Abendstimmung


Im Dunkeln


Nachttrail



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